Seit vielen Jahren ist für uns alle offensichtlich und wird auch ständig beklagt, dass sich in Deutschland die Schere zwischen arm und reich immer weiter öffnet. Erkennen lässt sich das daran, dass auf der einen Seite Menschen immer reicher werden und auf der anderen Seite immer mehr Menschen in finanziell prekären Verhältnissen leben und zu großen Teilen auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind. Oft reichen selbst mittelständische Verhältnisse nicht mehr aus, um ohne Probleme über die Runden zu kommen.
Die Schuld für diese Verhältnisse wird gerne den Politikern gegeben. Auch Politiker untereinander geben sich gerne die Schuld dafür. Den Angegriffenen wird jeweils vorgehalten, nicht verhindert zu haben, dass die Kluft zwischen den Armen und den Reichen immer größer wird. Politiker aller Richtungen üben sich deswegen in einem aus politischen Forderungen bestehenden Aktionismus. Linke Politiker fordern eine staatlich vorgenommene Vermögensumverteilung durch ein bedingungsloses Grundeinkommen für Arme und eine Vermögenssteuer für Reiche. Rechte Politiker fordern eine Stärkung der Wirtschaft durch Wachstumsimpulse, um möglichst viele Menschen vom Wohlstand der Wirtschaft in Form von Arbeitsplätzen und tendenziell guten Gehältern profitieren zu lassen. Wirklich etwas bewegt haben Sie mit diesen bereits seit Jahrzehnten gleichen oder ähnlichen Forderungen nicht.
Einen Politiker, der sich öffentlich hinstellt und erklärt, dass er nicht weiß, was man machen kann und dass er auch Zweifel hat, dass man an dem Phänomen etwas ändern kann, sucht man vergebens. Das führt dazu, dass für die Menschen die Wirklichkeit und die von den Politikern formulierten Ansprüche auseinanderklaffen und das Vertrauen in Politik sinkt.
Um sich dem Thema zu nähern, müssen wir uns zuerst die Frage stellen, was eigentlich der Grund für die immer weiter aufgehende Schere ist.
Meiner Überzeugung nach ist das der lange Friedensprozess nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Rechtsordnung, die das persönliche Eigentum und damit auch die ständig weiterwachsenden großen Vermögen sichert. Anlässlich des letzten Europawahlkampfs der Parteien wurden die pro-europäisch eingestellten Parteien zwar nicht müde zu betonen, dass uns die Europäische Gemeinschaft nach dem Zweiten Weltkrieg den Frieden gesichert hätte (was zu beweisen wäre, weil auch ohne EU nach den Erfahrungen der Länder mit dem Zweiten Weltkrieg kein Krieg wahrscheinlich gewesen wäre), jedoch gab es keine politische Stimme, die darauf hingewiesen hätte, dass sich auch aus langen Friedenszeiten große Herausforderungen für Gesellschaften ergeben.
Es ist genau genommen wie bei dem sehr bekannten Monopoly-Spiel. Das Spiel wurde vor vielen Jahrzehnten erfunden und, wie ich gehört habe, war es die eigentliche Spielidee, den uns ausmachenden Kapitalismus kritisch zu hinterfragen. Bei dem Spiel starten alle Spieler mit dem gleichen Geldbetrag und kaufen nach und nach Liegenschaften, für die sie dann Miete von den Mitspielern verlangen können, wenn diese auf dem entsprechenden Spielfeld landen. Bei dem einen Spieler laufen die Spielgeschäfte besser und bei dem anderen schlechter. Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Würfelglück, strategisches Geschick oder Unaufmerksamkeit der Mitspieler. Ganz egal. Jedenfalls werden einzelne Spieler mit zunehmender Spieldauer immer reicher und die anderen Spieler immer ärmer. Am Ende bleibt nur ein einziger Sieger mit allem Geld übrig und sind alle anderen Spieler wegen Bankrotts aus dem Spiel ausgeschieden. Dann ist das Spiel vorbei und wenn sich die Spieler nicht darauf verständigen können, dass man ein neues Spiel beginnt, dann ändert sich an den durch den Spielverlauf entstandenen Vermögensverhältnissen auch nichts mehr.
Das Entscheidende an dem Monopoly-Spiel ist, dass sich alle Spieler an die Regeln halten. Der Aufstieg des einen Spielers ist ebenso regelkonform wie der Abstieg des anderen Spielers. Auch in dem Spiel geht die Schere zwischen arm und reich immer weiter auf und niemand kann das verhindern, es sei denn, er setzt die Regeln des Spiels außer Kraft.
An dem gnadenlosen Spielverlauf würde sich auch dadurch nichts ändern, dass man dem verarmenden Spieler kleinere Geldbeträge (vergleichbar Grundeinkommen oder Grundrente) zukommen lässt oder dem immer reicher werdenden Spieler leicht verkraftbare Geldbeträge (vergleichbar Vermögenssteuer) wegnimmt. Das würde den unausweichlichen Spielverlauf nur etwas in die Länge ziehen. Mehr nicht.
In Deutschland wurden in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute von vielen rechtskonform unternehmerisch tätigen Personen und Familien sehr große Vermögen aufgebaut. Die Vermögen sind mittlerweile so groß, dass die Vermögenden eine Vielzahl von Spezialisten für sich arbeiten lassen, die mit nichts anderem beschäftigt sind, als den Vermögensnachschub durch den Schutz ihrer Unternehmen sicherzustellen, die Vermögen immer weiter zu vergrößern und zusätzliche Gewinne mit dem gezielten Anlegen von Vermögenswerten zu generieren. Dieser im Laufe der Zeit immer professioneller werdende Vermögensvermehrungsprozess ist in Friedenszeiten, in denen mit Ausnahme von Steuerabzügen niemand etwas weggenommen wird, unaufhaltsam. Und weil auch Steuerabzüge von den Vermögenden als vermeidungswürdiger Angriff auf ihr Vermögen angesehen werden, werden von ihnen auch noch eine Vielzahl von weiteren Spezialisten mit nichts anderem beschäftigt, als mit der Lösung der Fragestellung, wie sich auch die Steuerlasten noch verringern lassen. Dass gegen unendlich strebende Vermögen nur begrenzt sinnvoll sind, spielt für viele Vermögende keine Rolle.
Die Auswirkungen der Ansammlung von immer größer werdenden Vermögen bei im Verhältnis wenigen Personen auf unsere Gesellschaft sind enorm und das hat zunächst einmal gar nichts damit zu tun, wie die Personen, denen die Vermögen gehören, leben. Oft sind diese Vermögen auch in Unternehmensstrukturen gebunden und der Lebensstil der Unternehmensinhaber im Lichte ihrer Vermögen durchaus bescheiden. Die Auswirkungen ergeben sich deswegen auch nicht etwa aus einem besonders dekadenten Lebensstil einzelner Menschen, sondern aus dem strategischen Verhalten der vorhandenen großen Vermögen, das nicht auf Verschwendung, sondern auf Vermehrung abzielt.
Eine wesentliche Auswirkung des strategischen Verhaltens großer Vermögen auf unsere Gesellschaft besteht darin, dass die großen Vermögen ihre enorm große Macht dafür einsetzen, es zu verhindern, dass ihre Vermögensquelle, meistens eine erfolgreiche unternehmerische Betätigung, austrocknet. Deswegen halten sie sich aufkommende unternehmerische Konkurrenz durch Aufkäufe von Start-Ups und erfolgreichen jungen Unternehmen vom Hals, vereinnahmen deren Neuentwicklungen für eigene gewinnbringende Zwecke oder lassen die vereinnahmten Neuentwicklungen einfach nur „sterben“, um die damit verbundene neue Konkurrenz loszuwerden. Was nicht aufgekauft werden kann, wird durch finanzielle Beteiligungen der großen Vermögen „eingesammelt“ oder mit anderen Methoden der Marktmacht bekämpft. Notfalls investieren sie eben so viel Geld bis sich das Thema erledigt hat. Dadurch geht eine gesunde Vermischung unserer Wirtschaft mit vielen aufkommenden und vielen absteigenden Unternehmen verloren und herrschen die immer größer und immer mächtiger werdenden Player nach ihren eingefahrenen Regeln auf lange Zeit weiter. Damit verkrusten die Strukturen in der Wirtschaft und in der Gesellschaft aber immer mehr und wird es für Neulinge immer schwerer, noch ein Bein auf den Boden zu bekommen. Von einem Start-Up-Unternehmer, der sich von einem großen Vermögen aufkaufen lässt und damit nur die eigenen Taschen voller Geld macht, hat unsere Gesellschaft wenig. Von neuen Unternehmern, die im Sinne echter Entrepreneure neue Produkte entwickeln und neue Unternehmenskulturen schaffen, hätten wir viel mehr.
Eine weitere wesentliche Auswirkung des strategischen Verhaltens großer Vermögen auf unsere Gesellschaft besteht darin, dass sich die Vermögen einen Weg zu solchen Vermögenswerten bahnen, deren Erwerb auch für die breite Masse von Menschen für die Gestaltung eines glücklichen Lebens interessant ist, wie zum Beispiel Immobilien, Ackerlandflächen oder Waldflächen. Wir konnten beispielsweise speziell in den letzten Jahren und zunächst in den großen Ballungsräumen beobachten, was das für die Wohnungen und die Geschäfte der großen Masse an Menschen bedeutet. Das Verlangen der großen Vermögen nach den dortigen Immobilien hat dazu geführt, dass die Immobilienpreise absurd gestiegen sind und den Normalbürger als Konkurrenten um Immobilien längst verdrängt haben. Beispielsweise sind in der bayerischen Landeshauptstadt München für Wohnungen Quadratmeterpreise weit jenseits von 10.000 Euro zu bezahlen und der Erwerb damit selbst für Menschen mit einem ordentlichen Arbeitseinkommen und bezogen auf ihre gesamte Arbeitslebensleistung unerschwinglich geworden. Die immer weiter gestiegenen Immobilienpreise haben wiederum einen so hohen Anstieg der Mieten mit sich gebracht, dass die meisten Mieter, die „nur“ über ein normales Arbeitseinkommen verfügen, sich in einer wirtschaftlich angespannten Situation befinden. Während die großen Vermögen also ihren Platz in der Immobilienwelt der Menschen gefunden und deren Wertsteigerungen und Mieteinkünfte vereinnahmt haben, wächst gleichzeitig der Frust in der Mehrheitsgesellschaft darüber, dass sich ihre Arbeitsleistung nicht mehr zu lohnen scheint, wenn diese nicht mal mehr dafür ausreicht, Wohnungseigentum zu bilden oder neben einer Miete noch ausreichende finanzielle Mittel für ein angemessenes Leben zur Verfügung zu haben. So wie der Frust wächst auch der physische und psychische Druck, unter dem die Menschen tagtäglich stehen, wenn sie mit den finanziellen Belastungen noch zurechtkommen wollen. Viele Menschen ertragen diesen Druck auf Dauer nicht und fallen aus dem Raster der sozialen Normalität heraus. Sie müssen dann mit öffentlichen Zuwendungen aufgefangen werden und die Finanzierung dieser öffentlichen Zuwendungen belastet die ohnehin schon unter Druck stehenden Menschen, die noch nicht aufgegeben haben, zusätzlich.
Vergleichbares geschieht übrigens auf allen Märkten mit Ertragspotenzial, auf denen sich die großen Vermögen breit machen. Auf ihnen hat der Normalbürger keine Chance mehr. Er kann deswegen in der Regel auch nicht in gleichem Maße von positiven Entwicklungen profitieren. Der echte Profit ist nur den großen Vermögen vorbehalten. Ein Beispiel dafür ist der Kunstmarkt, den die Vermögenden längst unter sich aus machen. Ein anderes Beispiel ist der Finanzmarkt (Aktien, Rohstoffe, Devisen, Derivate usw.), auf dem die großen Vermögen unter Einsatz von vielen Spezialisten und der Rechenleistung von vielen Computern im großen Stil agieren und die normalen Kleinanleger keine Rolle spielen und sehr oft nur Opfer von gesteuerten Entwicklungen sind.
Eine weitere wesentliche Auswirkung des strategischen Verhaltens großer Vermögen auf unsere Gesellschaft besteht darin, dass die immer größer werdenden Vermögen auch immer größer werdende Unternehmen auf sich vereinen, wodurch die Erpressbarkeit der Gesellschaft stetig zunimmt. Bei Drohungen der großen Unternehmen mit Arbeitsplatzverlusten von tausenden oder sogar hunderttausenden Arbeitnehmern oder mit Sitzverlegungen ins Ausland bekommen die von den Unternehmenslobbyisten angesprochenen Politiker Schnappatmung und orientieren sich bei ihrem politischen Verhalten fast schon reflexartig an den großunternehmerischen Interessen, die nicht darauf gerichtet sind, der Gesellschaft zu dienen, sondern darauf, das vorhandene Vermögen zu erhalten bzw. zu vermehren. Wie oft schon hat die Gesellschaft in Krisenmomenten große Vermögen unterstützt. Hat sie die Unterstützung in guten Zeiten jemals im gleichen Umfang zurückerhalten? Wie oft haben wir schon gehört, dass es keine Verschlechterung der Verhältnisse der großen Vermögen geben darf, weil sonst die Gefahr von Kapitalabwanderungen aus Deutschland besteht.
Eine weitere wesentliche Auswirkung des strategischen Verhaltens großer Vermögen auf unsere Gesellschaft besteht darin, dass deren stetige Vermehrung zwangsläufig mit einer stetig zunehmenden Verarmung der Nichtvermögenden einhergeht, weil diese im Gegensatz zu den großen Vermögen keine Zuwächse erzielen können, die mit den immer weiter steigenden Lebenskosten mithalten. Eine Folge davon sind Doppelverdiener-Verbindungen, kinderlose oder kinderarme Verbindungen, Zweit- und Drittjobs, Renten am Existenzminimum, aus der sozialen Normalität fallende Menschen und vieles andere mehr.
Diese und weitere Auswirkungen des strategischen Verhaltens großer Vermögen auf unsere Gesellschaft darf man kritisch bewerten. Fakt ist aber einfach, das das gesellschaftliche Monopoly-Spiel in Friedenszeiten, in denen es nicht zu einem Neuanfang kommt, eben vor dem Hintergrund einer gefestigten Rechtsordnung immer weiter geht und sich die Auswirkungen der Gewinnerpositionen auf uns alle von Tag zu Tag immer weiter verstärken. Davor dürfen wir unsere Augen nicht verschließen.
An diesen Verhältnissen wird sich, wenn wir nicht gestaltend eingreifen, nichts Wesentliches ändern. Da Politik nicht gestaltend eingreift, stehen die Zeichen aktuell nicht auf Änderung, sondern auf eine immer weitergehende Verfestigung der Verhältnisse zum Nachteil der Mehrheitsgesellschaft, die ganz am Ende, wenn es (fiktiv angenommen) nur noch ein riesiges Vermögen gibt, das alle Handlungsmacht auf sich vereint, in den Rang eines Leibeigenen rutscht.
Deutschland ist auf längere Sicht gesehen dabei, an einer zunehmenden Verfestigung der Verhältnisse im wahrsten Sinne des Wortes zu ersticken. Die Verfestigung der Verhältnisse täuscht uns Stabilität vor. In Wahrheit sind verfestigte Verhältnisse aber riskant, weil sie nur noch eine mögliche Entwicklung zulassen: Den auf einem Akt der Gewalt basierenden Umsturz. Es ist deswegen auch kein Wunder, wenn das Wählerklientel der an den äußeren Rändern des politischen Spektrums stehenden Parteien mit einem Systemwechsel, in welcher Form auch immer, liebäugelt. Diese Systemwechselfantasien werden sich ähnlich einem Virus immer weiter ausbreiten, wenn wir es nicht schaffen, dass vorhandene System wieder so beweglich zu machen, dass es sich für die Mehrheitsgesellschaft als klar positiv darstellt. Das ist aktuell leider, wie aus den oben genannten Beispielen ersichtlich, nicht mehr der Fall.
Gesucht sind demnach Lösungen, die die Dinge auf friedliche Art und Weise wieder in Bewegung bringen und wieder zu einer größeren Chancenvielfalt, zu mehr geistiger Beweglichkeit und zu mehr Zufriedenheit in unserem Land führen. In den Beiträgen auf dieser Internetseite erfolgt eine immer auch in diesem Kontext stehende Auseinandersetzung mit verschiedenen gesellschaftlichen Themen und werden dabei auch diverse Lösungen für diese Problematik aufgezeigt. Es geht nämlich nicht um die eine große Lösung, sondern um viele kleine Schritte, die viel eher dazu geeignet sind, den Frieden in unserer Gesellschaft zu erhalten. Nötig ist allerdings eine Vision von einer zusammenhaltenden Gesellschaft und der Mut zur friedlichen Weiterentwicklung.
Eines erscheint mir jedoch sicher zu sein. Mit den bisherigen politischen Standardforderungen kommen wir nicht weiter. Keinen Sinn macht meiner Meinung nach der linksideologisch geprägte Lösungsansatz, eine Vermögensverteilung von reich nach arm zu erzwingen. Keinen Sinn macht meine Meinung nach aber auch der rechtsideologisch geprägte Lösungsansatz, die vorhandenen Vermögen immer weiter zu stützen in der Annahme, dass diese Arbeitsplätze schaffen bzw. erhalten und es der Mehrheit der Menschen damit schon gut gehen wird. Wir brauchen keine Bevorzugung einer bestimmten Gruppe. Wir brauchen eine lebendige Chancenvielfalt, die den Menschen Hoffnung macht und von der am Ende auch viele Menschen profitieren.
Ein gedachtes Lösungsmodell könnte sein, die Förderung (vorhandene Bevorzugung) der großen Vermögen, in welcher Art diese auch immer tagtäglich passiert, zu beenden und statt dessen auf solche Jungunternehmen zu verlagern, an denen keine, nicht im Unternehmen arbeitenden, Unternehmensträger beteiligt sind. Damit könnten wir den Wettbewerbsnachteil ausgleichen, den solche Unternehmen im Verhältnis zu den großen Vermögen in den vorhandenen Verhältnissen einfach haben und damit könnten wir auch eine neues Gründerwesen mit echten Entrepreneuren fördern, die neue Ideen in Bezug auf Produkte und in Bezug auf Unternehmensführung haben und nicht durch die großen Vermögen in deren Sinne manipuliert werden.
Ein weiteres gedachtes Lösungsmodell könnte sein, Bereiche zu schaffen, die von den großen Vermögen nicht erreicht werden können, wie zum Beispiel Universitäten, die nicht direkt von den großen Vermögen gefördert und beeinflusst werden dürfen. Oder Grundstücke in urbanen Lagen, die nur an dort auch lebende Personen verkauft werden können. Oder politische Parteien, die keine Lobbyisten-Kontakte der großen Vermögen zulassen. Schließlich kann sich die große Mehrheit an Menschen auch keine Lobbyisten leisten und kann auch nicht festgestellt werden, dass die Politiker in gleichem Maße auch für sie Politik machen. Die Politik, die für sie gemacht wird, hat mehr mit Beruhigungspillen zu tun als mit echter und progressiver Gestaltung der Lebensverhältnisse. Oder Demokratiemodelle, die auf Zufallsbesetzungen mit Normalbürgern zurückgreifen. Oder Veranstaltungen, bei denen es keine VIP-Bereiche gibt. Oder Aktien, von denen jeder Anleger nur eine begrenzte Stückzahl halten darf. Und so weiter. Wichtig ist bei alledem, dass wir niemandem etwas wegnehmen, was er sich mit legitimen Mitteln erwirtschaftet hat und dass wir niemandem etwas schenken, was er nicht durch Leistung verdient hat. Es geht weder um Kommunismus noch um Kapitalismus. Es geht bei all dem um die friedliche Verbesserung der Handlungsmöglichkeiten von allen gegenüber den großen Vermögen, die aktuell alle Handlungsmöglichkeiten weitgehend auf sich vereinen.
Ein weiteres gedachtes Lösungsmodell könnte eine andere steuerliche Behandlung von Einkommen aus persönlicher Arbeitsleistung sein (siehe hierzu bitte den Beitrag 6- Respekt).
Wenn wir unsere in andauernden Friedenszeiten immer weiter verkrustenden Strukturen nicht aufbrechen, wird sich nicht nur die Schere zwischen arm und reich immer weiter öffnen, sondern wird auch immer mehr Menschen die Chance auf ein erfülltes Leben genommen und irgendwann der Tag erreicht sein, wo eine davon betroffene große Mehrheit nicht mehr friedlich ihrem Tageswerk nachgehen, sondern sich zur Wehr setzen und die Verhältnisse auf andere Weise ändern wird. Wir tragen demnach eine große Verantwortung dafür, dass sich die Verhältnisse stets so weiterentwickeln, dass auch in Friedenszeiten so viele „Umsturzmöglichkeiten im Kleinen“ bestehen, dass die Gesellschaft der Mut nicht verlässt und man der Mehrheitsgesellschaft mit Fug und Recht sagen kann, dass sich Leistung immer lohnt.
Allen Bedenkenträgern sei gesagt, dass man die Gesetze zur Erneuerung des gesellschaftlichen Monopoly-Spielablaufs hinkriegt, die finanziellen Risiken für die öffentlichen Haushalte in Kauf nehmen kann und die Abwanderung von beleidigten großen Vermögen ins Ausland in einer funktionierenden Gesellschaft überlebt.
Thomas Guldenkirch (04. April 2020)