7- Klimawandel

Diesen Beitrag schreibe ich nicht gerne.

Die Gefahr, dass ich mich damit vor Wissenschaftlern, Politikern und sonstigen gescheiten Menschen blamiere oder auf Ablehnung stoße, ist groß. Ich nehme sie in Kauf.

Als in den 1960er Jahren der Mensch zum ersten Mal den Mond betrat, da waren die Menschen auf der ganzen Erde elektrisiert von den schier unbegrenzt erscheinenden Möglichkeiten ihrer Spezies. Die Apollomissionen der USA waren eine herausragende Leistung in Punkto Technik und Mut.

Der vielleicht faszinierendste Moment der ersten erfolgreichen Mission war aber gar nicht der Blick auf den Mond, sondern der erste Blick vom Mond auf den im Weltall schwebenden blauen Planeten, die Erde. Es war dieser Blick, der uns zum ersten Mal die Verletzlichkeit unseres Planeten bildhaft vor Augen führte. Er machte uns klar, dass unser Überleben an Umständen hängt, die wir gar nicht beeinflussen können. Wir können nichts dafür, dass sich die Verhältnisse auf der Erde auf einer unendlich scheinenden Zeitachse gerade zum Überleben von Menschen eignen und wir können auch nichts daran ändern, wenn das irgendwann nicht mehr der Fall sein sollte. Dann sterben wir eben aus. Wen interessiert das schon in unserer Weltallnachbarschaft?

Bis heute hat unsere Wissenschaft auch in noch so weiter Weltallferne keinen mit der Erde vergleichbaren Planeten gefunden. Manchmal stoßen große Teleskope in für den Menschen unerreichbarer Ferne auf Planeten, auf denen erdähnliche Bedingungen vorherrschen könnten. Sicher ist sich die Wissenschaft aber nicht und sie weiß auch nicht, ob es dort Lebewesen gibt oder ob das nicht der Fall ist. Die Ergebnislosigkeit der Wissenschaft bei der Suche nach anderen bewohnten Erden macht uns wiederum sehr deutlich, wie zufällig und einmalig die gerade lebenswerten Zustände auf unserem Heimatplaneten zu sein scheinen.

Glaublich bereits in den 1970er Jahren haben amerikanische Wissenschaftler erstmals die These aufgestellt, dass die Verhaltensweisen, die der Mensch an den Tag zu legen pflegt, klimaschädlich sind und zu einer Veränderung des Klimas auf der Erde beitragen können. In den kommenden Jahrzehnten hat die Wissenschaft diese These vielfach untermauert. Inzwischen ist sie längst bewiesen und kann nicht ernsthaft ignoriert werden. Inzwischen wissen wir auch, dass der vom Menschen gemachte Klimawandel auf der Erde zu einem Anstieg der Temperaturen führt und zwar in einem Umfang, der das weitere Überleben der menschlichen Spezies oder zumindest von großen Teilen davon auf eine ernste Probe stellen dürfte. Ob nächste Generationen an den Folgen der zu hohen Temperaturen sterben werden oder ob sich die Erde nach einem Stillstand der Ozeanströmungen aufteilt in einen tödlich heißen und einen tödlich kalten Teil, dürfte keinen großen Unterschied mehr machen. Diese Klimaapokalypse ist eine reale Möglichkeit des Zeitgeschehens und der Entschluss mancher jungen Menschen, besser keine Kinder mehr zu bekommen, ist vor dem Hintergrund der aktuell nicht gerade erfolgreichen Klimaschutzpolitik nicht zur Gänze unverständlich.

Ein derzeit gängiges Argument gegen allzu umfangreiche klimapolitische Maßnahmen ist, dass wir alle unser tägliches Leben doch wohl nicht in einen mit dem Mittelalter vergleichbaren ressourcenschonenden Zustand zurückversetzen wollen. Aber wer weiß. Vielleicht sagen wir eines Tages, dass uns das viel lieber gewesen wäre als zu Millionen und Abermillionen unter dem Einfluss des Klimawandels zu darben.

Nein, wir sind bislang nicht wirklich fähig, zu handeln. In der Regel legen wir uns die Argumente so zurecht, dass wir unseren von Bequemlichkeiten geprägten Lebensstil weitgehend beibehalten können und niemand an der Theorie, dass aller Wohlstand von Wachstum ausgeht, kratzen muss. Es ist kein Wunder, dass wir junge Menschen, die selbst keine wirkliche Armut kennen, damit nicht überzeugen können.

Wenn wir zu Lösungen kommen wollen, dann müssen wir zunächst einmal einigen Tatsachen ins Auge sehen. Das mag niemandem gefallen aber so richtig daran vorbei kommen wir nicht.

Eine Tatsache ist, dass der Klimawandel damit zusammenhängt, dass es auf der Erde Menschen gibt, die ohne Ausnahme einen ökologischen Fußabdruck hinterlassen, also Biokapazitäten der Erde in Anspruch nehmen. Sie verbrauchen Lebensmittel, müssen heizen oder kühlen, sind auf Infrastruktur angewiesen und eignen sich Konsumgüter an. Je fortschrittlicher im Sinne eines westlichen Lebensstils sich Länder fühlen, desto größer ist in Wirklichkeit der ökologische Fußabdruck ihrer Einwohner. Sehr oft ist er viel größer als die zur Verfügung stehende Biokapazität der Erde, was nichts anderes heißt, als dass es zwischen dem Anspruch des Menschen auf den eigenen Lebensstil und den Möglichkeiten der Erde kein Gleichgewicht gibt. Das führt dann zu Rechenwerken, deren Ergebnisse zeigen, wie viele Erden die Menschen in den verschiedenen Ländern oder alle Menschen auf der Erde Jahr für Jahr quasi verbrauchen. Nein, mit einer Erde kommt die Menschheit rechnerisch schon länger nicht mehr aus und dass der Quasiverbrauch von Erden den Klimawandel befeuert, versteht sich eigentlich von selbst.

Die Berechnungen zum ökologischen Fußabdruck zeigen auch, dass rückständigere Länder einen eher kleineren ökologischen Fußabdruck besitzen. Bei genauem Hinsehen merken wir aber, dass sie den Wunsch haben, zu dem Standard aufzuschließen, den ein moderner westlicher Lebensstil als Benchmark vorgibt und dass wir uns im Stillen darüber freuen, weil genau das das Momentum ist, was dort und damit auch bei uns das Wirtschaftswachstum befeuert. Schließlich sind wir eine sogenannte Exportnation und leben zu einem großen Teil davon, dass auf der Erde ein Hunger nach unseren westlichen Produkten entsteht. Das Paradebeispiel für den entstandenen Hunger nach westlichen Produkten ist China. Ohne den Hunger in China gebe es unsere Automobilindustrie in der aktuellen Form gar nicht.

Die Binsenweisheit, die in all dem steckt, ist, dass es dem Klima am meisten nützen würde, wenn die Anzahl der Menschen auf der Erde rückläufig wäre. Ein kleinerer ökologischer Fußabdruck ist natürlich besser als ein großer aber das Beste ist immer noch, wenn es den ökologischen Fußabdruck gar nicht erst gibt und die Erde insoweit aufatmen könnte. Die Anzahl der Menschen auf der Erde ist aber alles andere als rückläufig. 1950 lag die Zahl der Weltbevölkerung noch bei 2,5 Milliarden Menschen. Aktuell liegt sie schon bei 7,7 Milliarden Menschen und sie steigt immer weiter. An dem Tag, an dem ich diesen Beitrag schreibe, sterben auf der Erde zwar rund 54.000 Menschen aber es werden auch rund 139.000 Menschen geboren. Das macht eine tägliche Zunahme an rund 85.000 neuen ökologischen Fußabdrucken. Ein Ende dieser Zunahme ist nicht in Sicht. Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl im Jahr 2050 schon bei 9,7 Milliarden liegt. Das wäre dann innerhalb von 100 Jahren eine Zunahme von fast 300 Prozent. Wie soll unser kleiner blauer Planet das auf Dauer verkraften?

Es gibt auf der Erde keinen ernstzunehmenden Ansatz, um die Zunahme der Weltbevölkerung auch nur zu stoppen. Wir hören in der Politik so gut wie nichts davon. Dabei müsste uns das Thema eigentlich Tag und Nacht herumtreiben. Ein Grund dafür, dass das Thema kein Thema ist, dürfte sein, dass die Wirtschaft kein Interesse an einer gleichbleibenden oder sogar abnehmenden Weltbevölkerung besitzt, weil jeder neue Mensch auch einen neuen Absatzmarkt verkörpert und weil Wachstum das ist, was wirklich auf unseren Fahnen steht. Wenn es also keine Lobby für eine Reduzierung der Menschheit gibt und in der Folge auch keinen großen politischen Willen, sich damit zu beschäftigen, dann bleiben uns nur noch Zufallstreffer in Form von globalen Katastrophen, die möglichst vielen Menschen das Leben kosten. Aber wie zynisch ist dieser Gedanke. Wir können also nur hoffen, dass wir nicht eines Tages sagen, dass dieser Zynismus immer noch besser gewesen wäre als das, was dann wirklich eingetreten ist.

Wenden wir uns noch einer zweiten Tatsache zu. Deutschland ist in der ganzen Welt berühmt für seine erfolgreiche Automobilindustrie. Mag deren Image durch den sogenannten Dieselskandal auch einige Kratzer bekommen haben. Wirklich gelitten hat der Ruf der deutschen Ingenieure nicht und nicht umsonst will auch Tesla zukünftig in Deutschland Fahrzeuge produzieren. Zum Klimaschutz gehört es, Fahrzeuge zu entwickeln, die verbrauchsärmer als ihre Vorgänger sind. Wenn ein Auto nicht mehr 7, sondern nur noch 5 Liter Kraftstoff verbraucht, dann wird es auch weniger klimaschädliche Emissionen verursachen. Das liegt auf der Hand. Auf der Hand liegt auch, dass Elektrofahrzeuge jedenfalls auf der Straße noch weniger schädliche Emissionen verursachen. Ihre Emissionen werden allerdings auf den Sektor der Stromproduktion verlagert. Wie gut auch immer sie dabei abschneiden und wie gut auch immer die Einsparung bei Kraftstoffen für die Verbrennungsmotoren ist. Eine Tatsache bleibt. Kein Fahrzeug wäre immer noch die beste Lösung für das Weltklima. Das Weltklima hat leider keinen Vorteil davon, dass deutsche Automobilkonzerne Jahr für Jahr weltweite Absatzrekorde verkünden können. Nur jedes Auto, das nicht produziert wird, ist ein gutes Auto. Das gleiche gilt für Häuser, für Heizungen, für Kühlschränke und so weiter. Wenn wir aber an die vielen Arbeitsplätze in Deutschland denken, an die Familien, die von den Arbeitsplätzen abhängen, dann ist auch das ein sehr zynischer Gedanke. Wir können also auch hier nur hoffen, dass wir nicht eines Tages sagen, dass dieser Zynismus immer noch besser gewesen wäre als das, was dann wirklich eingetreten ist.

Das war eine Menge Schwarzmalerei. Sie beantwortet weder die Frage, was ein konservativer Wert ist noch die Frage, was wir machen können.

In dem Versuch von Parteien, sich einen klimaschützenden Anstrich zu geben, war vor kurzem in den Medien zu entnehmen, dass der Klimaschutz ein ureigener konservativer Wert sei, weil es sozusagen der oberste Programmsatz von Konservativen sei, die Schöpfung zu bewahren. Wenn das so war, dann habe ich wahrscheinlich nur nicht aufgepasst, denn gemerkt davon habe ich nichts. Für mich ist das nichts anderes als der Versuch einer Etikettierung. Für mich zählt an dieser Stelle ein anderer konservativer Wert: Ehrlichkeit! Die eigene Ehrlichkeit gegenüber festgestellten Tatsachen und der ehrliche Umgang mit Möglichkeiten bei der Suche nach politischen Lösungen. Das wäre, was konservative Politik auszeichnen sollte, es aber leider nur in sehr begrenztem Maße tut.

Zu der Frage, was wir machen können, gebe es sicher viel zu schreiben. Patentrezepte dürfte es derzeit aber keine geben. Meiner Meinung nach ergibt sich aus dem Bild, das die Welt beim Klimaschutz zeichnet, die logische Konsequenz, dass Deutschland losgelöst von allen Abkommen und Absprachen seinen eigenen authentischen Weg gehen und versuchen muss, den ihm bei großer Anstrengung maximal möglichen Klimaschutz zu gewährleisten (siehe hierzu bitte den Beitrag „Warum Deutschland“). Eine Politik des weltweit oder europaweit kleinsten gemeinsamen Nenners macht angesichts der vorhandenen Problematik nicht wirklich Sinn und selbst unsere Demokratie kommt beim Klimaschutz (wie auch bei anderen Themen) an diskussionswürdige Leistungsgrenzen.

Für mich gilt: Je kleiner eine Handlungseinheit ist, desto handlungsfähiger ist sie. Wir können jeden Tag beobachten, dass die Handlungsfähigkeit in folgender Reihenfolge abnimmt: UNO – EUROPA – GROßES LAND – KLEINES LAND – STADT/GEMEINDE – GRUPPE/FAMILIE – EINZELPERSON. Wenn wir Das berücksichtigen, dann liegen die naheliegendsten Lösungen auf politischer Ebene auf dem Feld der Gemeinden und in der Tat haben es visionäre Bürgermeister schon vor längerer Zeit geschafft, zusammen mit ihren Bürgern zumindest klimaneutral zu werden. Visionäre Bürgermeister, die ihre Gemeinden für etwas begeistern können, gibt es nur leider nicht sehr viele.

Gerade hat die große Politik die sogenannte Grundrente beschlossen und hat sich insbesondere die Sozialdemokratie für diese soziale Errungenschaft gefeiert. Die Grundrente wird allerdings mit Steuermitteln finanziert und ist damit ein Scheck, den die Politik zwar ausstellt, den aber die Jungen unterschreiben und einlösen müssen. Der angebliche Respekt vor den Alten, die lange gearbeitet haben und trotzdem wenig Rente bekommen, geht einher mit fehlendem Respekt vor den Jungen, denen man etwas aufhalst, ohne zu wissen, ob sie das überhaupt noch leisten können, ohne ihre Freiheit zu verlieren. Es wäre besser gewesen, man hätte die in der Diskussion befindliche Milliarde dafür hergenommen, ein Preisgeld für diejenigen Gemeinden in Deutschland auszuschreiben, die es als erstes schaffen, so zu leben, dass die Welt wirklich wieder aufatmen kann. Diesen Scheck hätten alle und insbesondere natürlich die Jungen gerne ausgefüllt und eingelöst.

Thomas Guldenkirch (23. Februar 2020)